Mobile medizinische Augen-, Gynäkologie und Dental-Camps
im Westen Nepals

Das Gesundheitssystem in Nepal ist äußerst unzulänglich entwickelt; zwar befindet sich im Kathmandutal (ca. 50) und touristischen Schwerpunktorten wie Pokhara eine vergleichsweise größere Anzahl oft aber nicht ausreichend ausgestatteter Krankenhäuser, die medizinische Versorgung der Fläche basiert jedoch im wesentlichen auf den rudimentären health posts.

Früherer health post in Banjhakateri

Mit statistisch 6 Ärzten je 10.000 Einwohner (2017 – https://www.destatis.de bzw. https://www.who.int/data), die zu einem großen Teil sich in Kathmandutal und den wenigen großen Städten ballen, gehört Nepal zu den mehr als 40% der der WHO angehörenden Staaten mit weniger als 10 Ärzten je 10.000 Einwohner. Nach Schätzung der WHO bedarf es im Durchschnitt 23 Ärzten/10.000 Einwohner, um eine ausreichende medizinische Grundversorgung zu gewährleisten. Hiervon ist Nepal, wie viel andere Länder auch, insbesondere in entlegenen Gebieten, meilenweit entfernt, auch wenn in den zurückliegenden Jahren Anstrengungen zur Verbesserung der Lage unternommen wurden. Angesichts des überschaubaren Anteils der staatlichen Ausgaben, die in den Gesundheitssektor fließen (5,3% im Vergleich zu 21,4% in Deutschland – https://www.who.int/nepal/news/detail/31-07-2019-world-health-statistics-2019-monitoring-health-for-the-sdgs) ist der Weg noch lang. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Armen und Wohlhabenden sowie zwischen Stadt und Land. Qualität und Verfügbarkeit grundlegender Gesundheitsdienstleistungen sind für weite Teile der Bevölkerung nach wie vor unzureichend und schlichtweg auch nicht bezahlbar. Nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung hat die vor wenigen Jahren von staatlicher Seite installierte Krankenversicherung und kann diese sich leisten (https://dohs.gov.np/annual-report-2074-75). Die Kosten für Medikamente und ärztliche Versorgung müssen von den allermeisten Nepali selber getragen werden. Dies trifft insbesondere die vulnerablen Gruppen sehr stark. Marginale Einkünfte und die oft enormen Wegstrecken, die zum nächsten medizinischen Stützpunkt und vor allem zum Krankenhaus zurückgelegt werden müssen, verhindern auch bei einem medizinischen Notfall den Arztbesuch. Aus diesem Grund ist die Inanspruchnahme traditioneller Heiler/Schamane, man spricht hier von bis zu 700.000 Personen (!) (https://www.aerzteblatt.de/archiv/33705/Nepal-Begegnung-zweier-Medizinsysteme), weit verbreitet.

Gesundheitszentren wie das 2015 im entlegenen Bangjhakateri durch die NGO Brepal eV und mit Unterstützung der Gemeinde initiiert und gebaut, sind die seltene Ausnahme.

neues Gesundheitszentrum in Banjhakateri

In Nepal gibt es keine Krankenversicherung (DNH o.D.) nach unserem Verständnis. Durch die Regierung wird Kindern und Erwachsenen zwar eine kostenlose medizinische Grundversorgung idR über die health posts zur Verfügung gestellt, diese ist jedoch in vielen Fällen weder ausreichend noch wird sie immer von medizinisch voll ausgebildeten Personen erbracht. Ausreichende medizinische Versorgung kostet daher und führt oft dazu, dass verarmte Eltern bei der Suche nach medizinischer Versorgung den Söhnen Vorrang einräumen (USDOS 13.3.2019), eine aus der Not geborene elterliche Diskriminierung von Mädchen.

Krankheiten nicht behandeln zu lassen, mit zunehmenden auch körperlichen Einschränkungen in entfernten unwegsamen Regionen Nepals in der Subsistenzwirtschaft arbeiten zu müssen, ist für viele Menschen tägliche Erfahrung. Die allermeisten arbeiten auf den Feldern, körperliche Beeinträchtigungen und Behinderungen schmälern ihre Erwerbsaussichten erheblich, zunehmende Augenleiden machen einen Arbeitseinsatz oft unmöglich. Engagierte in- und ausländische Mediziner versuchen hier durch ambulante temporäre medizinische Camps die Lebenssituation der Menschen in diesen entlegenen Regionen zu verbessern.

Brepal eV hat wiederholt, unterstützt durch die nepalesische NGO Nepal Help, derartige Camps erfolgreich durchgeführt. Dieses durch die Stiftung Solidarität und Gerechtigkeit entscheidend geförderte Projekt war als ambulantes Augen- und Dentalcamp in den Ortschaften Madhane im Gulmi Distrikt und in Gulariya im Bardiya Distrikt geplant. Beide Ortschaften liegen mehr als eine Tagesreise 400km  westlich bzw. 540km südwestlich von Kathmandu, nicht gerade leicht zu erreichen.

© Openstreetmap: Projektort Madhane
© Openstreetmap: Projektort Gulariya

Die hier lebenden Menschen müssen oft, allein um zu einem der health posts zu gelangen, eine mehrtätige Wanderung auf sich nehmen, im Falle einer ernsten Erkrankung oft eine Tortur und nicht immer zu bewältigen. Die Gesundheitssituation in den beiden Projektgebieten ist stark beeinflusst durch die herrschende Armut, die geografische Lage, abseits von Vielem, geringes Gesundheitsbewusstsein und insbesondere durch ein weitverbreitetes Analphabetentum. Fehlende Transportmöglichkeiten und vor allem die Armut tragen dazu bei, dass vor allem die Mehrheit der Frauen keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen kann und oft Langzeitbeschwerden erleiden müssen. Profunde Zahnbehandlungen erfordern idR mehrtägige Behandlungen, sind mit nicht unerheblichen Kosten in den weit entfernten Krankenhäusern verbunden. Angesichts der Lebensumstände verständlich, wenn diese unterbleiben.

hat einen beschwerlichen Weg hinter sich
das Team der ambulanten medizinischen Camps in Madhane und Gulariya

Erschwert wurde die Durchführung des medizinischen Camps durch die auch in Nepal vorhandene Covid-19-Pandemie. Zum Zeitpunkt der Camptermine waren die Infektionsraten rückläufig, aber entspannt war die Situation nicht. Bei uns in Fleisch und Blut übergegangene Hygieneregeln sind zwar auch in Nepal bekannt, werden aber nicht immer und ausreichend beachtet. Insofern legten die Projektverantwortlichen vor Ort größtmöglichen Wert auf Eigen- und Fremdschutz, Ärzte, Hilfskräfte und Patienten wurden mit Masken ausgestattet, Bestandteil des Hygienekonzeptes.                      

Ziele der medizinischen Camps war die Wiederherstellung der Sehfähigkeit betroffener Menschen, teilweise auch durch vor Ort durchgeführte Kataraktoperationen (grauer Star), Ausgabe von Sehhilfen, gynäkologische Behandlungen und Untersuchungen sowie Zahnbehandlungen und Zahnextraktionen. Gestützt auf die Gemeinden, die in die Vorbereitung der Camps intensiv eingebunden waren, mit deren Hilfe der Behandlungsbedarf erhoben und die Camps in weitem Umkreis angekündigt wurden. die auch die lokale Hilfsleistungen erbrachten, wurden die medizinischen Camps mit einheimischen Ärzten und Fachpersonal an beiden Orten erfolgreich durchgeführt. Der Andrang war enorm, ihn durch die lokalen verantwortlichen Gemeindemitglieder zu steuern eine große Herausforderung.

Patientenandrang
in Madhane und Gulariya

An den wenigen Tagen vom 22. – 28.3.2021, davon jeweils zwei Tage direkt vor Ort zu Behandlungen bewältigten die beiden Teams einen enormen Patientenandrang. Insgesamt sahen sie 1565 Patienten, eine beeindruckende Zahl. Über 200 Kataraktoperationen konnten durchgeführt werden, damit den Operierten Unabhängigkeit in ihrem persönlichen Leben geschenkt werden. Eine Nachkontrolle belegte einen hundertprozentigen Operationserfolg. Gut 600 Menschen gewannen darüber hinaus durch ausgegebene Brillen wieder mehr Lebensqualität.

Augenuntersuchungen, Katarakt-Operierte, glückliche Brillenträger

Fast 300 Zahnbehandlungen erfolgten in Form von Extraktionen, Füllungen und Parodontosebehandlungen. Großer Bedarf bestand auch an gynäkologischer Untersuchungen und Behandlungen, was fast 250 Patientinnen belegen. Neben der Gesundheitserziehung und Medikamentenversorgung ist bei den Behandlungen auch die Identifikation von Patienten, die dringend einer weitergehende Behandlung bedürfen, wichtiges Ziel der Camps. Die Befunde einiger Frauen waren Anlass, Ihnen den Besuch eines Krankenhauses zur Durchführung umfassender operativer Eingriffe nahezulegen.

Zahnbehandlungen, gynäkologische Untersuchungen, Konsultationen

Natürlich wird die Anwesenheit von Ärzten auch für allgemeine Konsultationen genutzt, auch diesen fast 400 Nepali konnte geholfen werden. Insgesamt waren neben dem Verantwortlichen von Nepal Help in den beiden Teams 24 Ärzte, Arzthelfer und Logistiker vor Ort in das Projekt eingebunden. Das Team berichtet von  einem erfolgreichen und anstrengenden Einsatz.

zufriedene Patienten

Copyright der Bilder:
Brepal eV / Nepal Help